Nachhaltiger Konsum
Gesellschaftliche Verantwortung

Ein T-Shirt auf Reisen: Ab in den Kleidercontainer – und dann?

5 Minuten
Frau faltet ein T-Shirt, das sie aus ihrem Kleiderschrank aussortiert hat.

Jedes Jahr landen in Deutschland rund eine Million Tonnen Klamotten im Altkleidercontainer. Das sind 62.000 gefüllte LkW.¹ Und was passiert mit den ausrangierten Klamotten? Wir begleiten ein altes T-Shirt auf seiner Reise. 

Nun ist es also soweit. Jahrelang war ich fester Bestandteil von Lisas Outfit. Das perfekte schwarze Basic Shirt für alle Gelegenheiten. Aber nach sieben Jahren bin ich eben doch zu klein geworden und ein bisschen aus der Form. Da meine Besitzerin vor Kurzem ihren Kleiderschrank ausgemistet hat, will sie sich von mir und ein paar anderen Klamotten trennen. Einige Sachen konnte sie an Freunde weitergeben und zu einer Kleiderkammer in unserer Stadt bringen.² Ein paar andere hat sie für einen Mädchenflohmarkt zur Seite gelegt. Leider war ich nicht bei diesen Stapeln dabei – ich bin in der großen Papiertüte gelandet, die Lisa zu einem Altkleidercontainer gebracht hat.

Welchen Container soll ich nehmen?

Sammelpflicht: Seit 2025 gibt es eine offizielle Getrenntsammlungspflicht für Alttextilien. Alte, noch tragbare Kleidung, Bad- oder Bettwäsche ist offiziell kein Restmüll, sondern soll getrennt entsorgt werden. Ziel ist, dass darüber möglichst viele Textilien in den Kreislauf zurückgelangen.³ Beachten Sie: Zerschlissene, stark verschmutzte und unbrauchbare Textilien gehören weiterhin in die Restabfalltonne.

Genau hinschauen: Gesammelt wird vor allem über Altkleidercontainer. Aber Vorsicht: Es gibt einige unseriöse Anbieter, die die Behälter auch ohne Genehmigung aufstellen. Was hier mit den Klamotten passiert, ist nicht nachvollziehbar. Am besten daher darauf achten, dass nachprüfbare Kontaktdaten auf dem Container angebracht sind.

Für eine möglichst transparente und faire Verwertung stehen zum Beispiel Container …

  • … von sozialen Einrichtungen wie den Maltesern oder dem Deutschen Roten Kreuz
  • … mit einem Siegel des Dachverbands „FairWertung“ oder des „Bundesverbands Sekundärrohstoffe und Entsorgung“ (BVSE).
  • … von kommunalen Entsorgungsbetrieben auf Wertstoffhöfen

Jetzt wird sortiert!

Nach ein paar Tagen im Container, landeten meine neuen Freunde und ich bei einem Sortierunternehmen in Deutschland. Dort wurden wir alle erfasst, aufbereitet und in einem aufwändigen Prozess sortiert. Ich bin zum Glück noch gut genug für den Second-Hand-Markt – wie etwa 50 % der anderen Klamotten. Deshalb geht für mich jetzt die Reise weiter an eine gewerbliche Second-Hand-Firma. Die sorgt dafür, dass ich noch im Verkauf lande: Ich bin gespannt – ein paar wenige werden wohl in Deutschland bleiben. Die meisten von uns werden dagegen als Second-Hand-Kleidung nach Afrika oder Osteuropa verkauft.

Was ich hier noch gelernt habe: Nach Ergebnissen des Konsumbarometers 2025 von Consors Finanz sagen 35 % der Deutschen, dass sie heute mehr Second-Hand-Waren kaufen als noch vor zehn Jahren. Das freut mich, denn ich bin ja immer noch gut zu tragen!

Gibt es eine soziale Verwertung der Altkleider?
Ein paar Teile der 50 %, die noch gut genug zum Weitertragen sind, gehen aus Containern von gemeinnützigen Organisationen auch direkt in deren Kleiderläden und -kammern. Das sind aber wohl maximal 10 %,⁴ weil der Bedarf in Deutschland nicht höher ist.

Teilweise geht der Erlös, den die Sammler:innen mit dem Weiterverkauf an Second-Hand-Firmen erzielen können, auch als Spende an soziale Organisationen.⁵

Alte Kleider nach Afrika?

Dass ein Teil der in Containern entsorgten Klamotten auf afrikanischen oder südamerikanischen Märkten landet, sorgt regelmäßig für Kritik. Die Textilmengen, die dort aus Europa oder den USA ankommen, sind mittlerweile riesig. Dadurch wird zugleich ein Teil des Müllbergs schlichtweg in den globalen Süden verlagert. Verpackungen oder nicht mehr verwendbare Billigklamotten aus Synthetikfasern verschmutzen die Umwelt in diesen Ländern. Hinzu kommt, dass Jobs in der regionalen Textilindustrie verschwinden.⁶

Auf der anderen Seite sind in den vergangenen Jahren allerdings auch viele neue Arbeitsplätze entstanden, die unmittelbar mit der Logistik, der Aufbereitung und dem Verkauf der Second-Hand-Ware zusammenhängen.⁷

Stoffe statt Kleidung

Es scheint, als würde ich auch künftig noch ein T-Shirt bleiben und hoffentlich weitergetragen werden. Im Container gab es noch ganz andere Kandidat:innen. Die übrigen 50 %, die sich eben nicht mehr für Second-Hand bewährt haben. Zum Beispiel habe ich ein ziemlich verschlissenes Hemd und einen Rock gesehen, der wirklich völlig aus der Mode war. Ich habe mich mal umgehört, was mit solchen Sachen passiert:

  • Recycling: Wenn es geht, das Kleidungsstück wieder in seine Ursprungsmaterialien verwandelt – Garn oder Stoffe. Das Problem: Unsere Kleidung besteht inzwischen fast immer aus vielen verschiedenen Textilien und eine klare, einheitliche Kennzeichnung über die genaue Zusammensetzung gibt es nicht. Daher ist Recycling oft schwierig.
  • Downcycling: Kaputte T-Shirts und Hosen werden z.B. zu Putzlumpen verarbeitet oder industriell  geschreddert, bis Faserkonfetti übrigbleibt. Diese winzigen Fasern werden dann zu Dämmmaterial verarbeitet.
  • Verbrennung: 8 – 10 % der nicht mehr verkaufbaren Kleidung muss am Ende doch als Müll entsorgt und verbrannt werden.

Fazit: Es beginnt beim Kaufverhalten jedes einzelnen

Wenn alles gut läuft, können bis zu etwa 90 % der Sachen, die in Containern eines seriösen Anbieters landen, als Kleidung weiterverkauft oder stofflich verwertet werden. Dabei bleibt aber der geringste Anteil in Deutschland. Zugleich kann der Export als Second Hand Folgeprobleme in den importierenden Ländern auslösen. Der Gang zum Container sollte daher wirklich immer der letzte Schritt beim Entsorgen alter Klamotten sein. Noch sinnvoller ist, seinen Kleiderkonsum insgesamt zu hinterfragen: Brauch ich wirklich all das und immer wieder etwas Neues? Und wenn ja, vielleicht doch bei hochwertigeren und somit langlebigeren Stücken umschauen, als bei der billigen Wegwerfmode. Schließlich ist der beste Müll immer der, der gar nicht erst entsteht.

Hinweise

1

https://www.br.de/radio/bayern1/altkleider-116.html - aufgerufen am 16.05.2025

2

Der Container sollte bestenfalls die letzte Stufe der privaten Altkleiderverwertung sein. Welche anderen Möglichkeiten es vorher gibt, lest ihr in unserem letzten Blogartikel.

3

https://www.vzhh.de/presse/verwirrung-um-getrenntsammlungspflicht-fuer-altkleider - aufgerufen am 16.05.2025

4

https://www.drk.de/spenden/spenderservice/spendentransparenz-spenderservice/kleidersammlung/ - aufgerufen am 16.05.2025

5

https://fairwertung.de/ueber-uns/faq-altkleider/; https://www.malteser.de/altkleider.html - aufgerufen am 16.05.2025

6

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/weltwirtschaft/second-hand-kleidung-kenia-altkleider-100.html - aufgerufen am 16.05.2025

7

https://fairwertung.de/ueber-uns/faq-altkleider/; https://www.drk.de/spenden/spenderservice/spendentransparenz-spenderservice/kleidersammlung/ - aufgerufen am 16.05.2025